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Durchhalten oder Reißleine ziehen?

Durchhalten oder Reißleine ziehen? Wann aus dem erfolgreich starten ein erfolgreich aufgeben wird …
Letzter Bonuscall für eine meiner Mentees aus dem „Erfolgreich starten in 100 Tagen“ Mentoring-Programm. Am Tag davor erhalte ich eine E-Mail. Betreff: Ich habe losgelassen
Sie sagt den Call ab. Verabschiedet sich von dem Traum der Selbständigkeit. Fachlich gibt es dazu keinen Grund. Sie hat Expertise in ihrem Bereich, sie baut mit Leichtigkeit Landingpages, erstellt E-Mail-Kampagnen usw.
Aber … ein großes ABER. Auch die vergangenen sieben Monate haben nicht dazu geführt, dass sie LUST bekommen hat. Lust, all die kleinen und großen Dinge für die Selbständigkeit zu tun. Angst und Widerstand waren die beherrschenden Themen in unseren Calls.
Wie viel ist zu viel? Durchhalten gehört zum Erfolg dazu – davon ist oft die Rede. In diesem Artikel geht’s darum, wann der richtige Zeitpunkt für dich ist, einen Traum loszulassen.
 

Was hast du davon, immer gegen deine inneren Widerstände anzugehen?

Es gibt beim Start in die Selbständigkeit viele Glaubenssätze, Widerstände und Ängste, die löst du auf. Nicht umsonst heißt es: Ein Business aufzubauen ist ein Crashkurs in Sachen Persönlichkeitsentwicklung. Es lohnt sich, dranzubleiben und den Dingen auf den Grund zu gehen. Neue Perspektiven zu entwickeln. Aber etwas durchziehen ist nicht selbstverständlich immer die beste Lösung.
Wenn du dir nur noch beweisen willst, dass du nicht aufgibst, dann ist das kein guter Motivator. Warum an einem als stressig empfundenen Ziel festhalten, wenn es dir damit nicht gut geht und du dein Wohlbefinden damit aufs Spiel setzt?
Früher hab ich jedes Buch bis zum Ende durchgelesen, auch wenn nur noch ein mühsames Durchkämpfen war. Weil ich dachte, ich bin es dem Autor schuldig. In vielen Fällen hatte ich Geld für das Buch bezahlt – und ja auch bereits Zeit für die ersten Kapitel investiert. Ich hatte die Hoffnung, es wird besser. Kennst du diese Gedanken? Heute erlaube es mir, ein Buch zur Seite zu legen. Oder das tolle, im Urlaub voller Euphorie gekaufte, aber nie getragene Kleid zügig aus dem Kleiderschrank zu entfernen. Was im Kleinen gilt, gilt auch für größere Projekte.
Wenn du merkst, dass deine Idee für dich nicht funktioniert, ist es sinnvoll, diese Idee auf den Prüfstand zu stellen. Mit der Option, dich womöglich davon zu verabschieden.
 

Darum halten wir so oft an falschen Entscheidungen fest

Du hast vielleicht schon von dem Phänomenen der sunk costs fallacy gehört, die so viele Unternehmen davon abhält, die richtige Entscheidung zu treffen. Sie besagt: Je mehr wir bereits in etwas investiert haben, desto schwerer tun wir uns damit, es zu stoppen. Das gilt für Unternehmen wie auch für jeden Einzelnen. Es gilt das Motto: Ich hab da jetzt schon so viel reingesteckt, ich kann jetzt doch nicht mehr aussteigen.
Wir wollen nicht als jemand gelten, der kein Durchhaltevermögen hat. Als die Person, die zu früh aufgibt oder nichts zu Ende bringen kann. Wir wollen als konsistente Person wahrgenommen werden – also nicht zugeben, dass wir früher anderes gedacht haben als heute. Aufgeben hat massive Auswirkungen auf dein Selbstwertgefühl, auf dein Selbstvertrauen.
Besser scheitern? Über Fehler sprechen wir erst, wenn sich alles zum Guten gewendet hat – auch auf den vielen Fuck-up-Nights ist es nicht anders.
Gerade beim Start in die Selbständigkeit gibt’s flotte Durchhalteparolen en masse, garniert mit Sprüchen über Leichtigkeit & Flow. Der Blick in die sozialen Medien erzeugt Druck: So viele schaffen es. Mir muss es auch gelingen. Und du hast die Entscheidung für dein Business in aller Regel auf Basis deiner Werte getroffen: Freiheit, Flexibilität, Sinnerfüllung, …
Meine Mentee hat bereits viele Jahre an ihrer Selbständigkeit gewerkelt. Sie hat unendlich viele YouTube Tutorials geschaut, in mehrere Mentoring-Programme investiert und neben ihrer Angestelltentätigkeit viel Zeit und Energie mobilisiert. Ihr gesamtes Umfeld ihre Anstrengungen gesehen und mitgetragen. Sie hat Freebies erfolgreich auf den Markt gebraucht und angefangen, eine E-Mail-Liste aufzubauen – aber nicht einen Cent verdient. Noch nicht einen zahlenden Kunden gewonnen. Jetzt war sie ganz kurz davor: Der Termin, die Landingpage für den zahlungspflichtigen Workshop stand. All das hat es so schwer gemacht, sich für ein Ende dieses Traumes zu entscheiden.
Aber manchmal ist es einfach besser, STOP zu sagen. Aufgeben ist eine Option.

 

Woran merkst du, dass es an der Zeit ist, die Reißleine zu ziehen?

Wenn du spürst, dass die inneren Widerstände immer wieder neu genährt werden oder du auch mit vielen unterschiedlichen Vorgehensweisen deinem Ziel nicht näher kommst, dann stelle dir diese Fragen:
  • Wenn du mit den Erfahrungen von heute nochmals die Entscheidung treffen würdest, wie würdest du dich jetzt entscheiden? Wichtig ist dabei, die bisherigen Investitionen außer acht zu lassen.
  • Was ist das Schlimmste, was passieren kann, wenn du jetzt abbrichst?
  • Was ist das Ziel hinter dem Ziel? Gibt es noch andere Möglichkeiten, dahinzukommen? Optionen, die für dich mit mehr Lust und Spaß verbunden sind? Varianten, die aus heutiger Sicht erfolgversprechender sind?
Zurück zu meiner Mentee. Die erste Frage hat sie aus tiefstem Herzen beantwortet: Nein, ich würde mich nicht für mein Business entscheiden. Sie wollte sich selbständig machen – das große Ziel dahinter waren Flexibilität und finanzielle Unabhängigkeit. Gibt es nur einen Weg, um dies Ziel zu erreichen? Nein, Selbständigkeit ist ein möglicher Weg dahin.
Sie hatte zwar auch den Gedanken, dass es gut wäre, auch ihren Kunden zu finanzieller Unabhängigkeit zu verhelfen und stellte dabei noch den alltäglichen Konsum auf den Prüfstand. Aber das waren nicht ihre Hauptmotive. Und auch diese Ziele kann sie über andere Wege verfolgen.
Der Entscheidung ist sie zunächst aus dem Weg gegangen. Ich versuch es jetzt mit aller Macht und treffe die Entscheidung am Jahresende … Aber die Abwärtsspirale hielt an. Es ging ihr nicht gut mit dem erstmal-weiter-machen. Egal, was du bislang investiert hast: Entscheidend ist, wie es dir jetzt geht und wie du die Zukunft aus heutiger Sicht einschätzt.

 

Triff eine Entscheidung

Du kannst mit einer klaren Entscheidung nur gewinnen. Deine Lebenszeit ist endlich. Mit dem Traum der Selbständigkeit verknüpfst du ein glückliches Leben. Du tust etwas, was dir sinnvoll erscheint, was dich erfüllt und gut leben lässt.
Wenn der Weg dahin nur mühsame Qual ist, stimmt etwas nicht. Klar, es ist viel Arbeit, ein erfolgreiches Business aufzubauen. Nicht alles klappt gleich, manchmal gibt’s Rückschläge. Und doch gilt: Du darfst jeden Morgen mit einem Lächeln auf den Lippen aufwachen. Weil du dich auf das freust, was du tust.
Loslassen. Meine Mentee hat in diesem Prozess viel über sich gelernt. Sie hat Klarheit gewonnen. Sie ist wieder offen für neue Möglichkeiten.
Die Reißleine ziehen – das ist kein Versagen. Es ist eine verantwortungsvolle Entscheidung in einer Situation, in der neue Erfahrungen mit in deine Entscheidung einfließen. Wer sich verändern will, muss neue Wege ausprobieren.
Etwas ausprobieren heißt: Erfahrungen sammeln und dann eine begründete Entscheidung treffen. Kritisch wird’s dann, wenn wir den Absprung verpassen und offenen Auges weitermachen mit etwas, was uns nicht gut tut.
Wer sich verändern will, muss loslassen können. Vielleicht für den Moment. Du machst dich derzeit nicht selbständig. So geht’s auch vielen in ihren Job – und das ist der Ausgangspunkt dafür, etwas Neues zu wagen: Du kündigst vorerst deinen Job. Oder auch für immer. Du findest Wege, die für dich stimmig sind.
Ich wünsche dir, dass du so mutig bist wie meine Mentee. Hab den Mut, deine Entscheidungen zu hinterfragen und ehrlich zu dir selbst zu sein. Triff Entscheidungen, die sich jetzt, in diesem Moment richtig anfühlen. Hinter denen du stehst. Aufhören bedeutet nicht aufgeben. Durchhaltevermögen ist ein wichtiger Wert, solange er nicht in ein zwanghaftes Festhalten übergeht, sondern in guter Balance mit dem Mut zur Korrektur steht. Das hat nichts mit Unbeständigkeit und zu schnellem Aufgeben zu tun. Es ist das gesunde Einschätzungsvermögen, was dir gut tut. Gib dir die Erlaubnis, gut für dich zu sorgen.
Auch wenn eine Entscheidung sich zunächst schwer anfühlt. Das gilt für die Entscheidung, deinen Job zu kündigen, um den Traum der Selbständigkeit zu wagen genauso wie für die Entscheidung, den Traum der Selbständigkeit loszulassen.
Mit jeder bewussten Entscheidung öffnest du die Türen für neue Chancen.
 

Fazit: Manchmal wird aus dem erfolgreich starten ein erfolgreich aufgeben – und das ist gut so!

Du hast das große Ziel der Selbständigkeit. Du investierst viel Zeit, Geld und Energie in die Umsetzung eines Traums. Du lernst, du probierst aus, du sammelst Erfahrungen, du fällst hin und stehst wieder auf. Aus Theorie wird erlebte Praxis. Und manches ist ganz anders als du es dir vorgestellt hast.
Selbständigkeit ist mit vielen vielen Aufgaben verbunden, die ganz weit weg sind vom coachen, trainieren und beraten. Der Weg zum Erfolg dauert zumeist viel länger als gedacht. Deshalb gilt das Mantra der kleinen Schritte mit dem Feiern der vielen kleinen Erfolgsbausteine auf dem Weg.
Dabei heißt es durchhalten! Aber: Wenn du ständig inneren Widerstand spürst, das Lustgefühl auf der Strecke bleibt und du dich nur noch unter Druck setzt, dann heißt es: Augen auf! Beim Durchhalten auf Biegen und Brechen setzt der Verstand aus. Deine Emotionen schwanken zwischen „Ich kann jetzt nicht aufgeben“ und „Ich will so nicht weitermachen“? Dann ist es Zeit, kühlen Kopf zu bewahren und neue Gedanken zuzulassen.
Mit dem Perspektivwechsel kommt die Erkenntnis: Aufgeben ist kein Versagen. Loslassen ist ein mutiger Schritt. Du hast es versucht und erkannt: Das ist (derzeit) nicht mein Weg.
Aus dem erfolgreich starten wird ein erfolgreich aufgeben. Mit neuen Erkenntnissen, vielen Lernerfahrungen und neuer Klarheit für deinen Weg.
Durchhalten oder Reißleine ziehen? Wenn das für dich gerade ein Thema ist: Wie beantwortest du dir die oben gestellten Fragen?

 

 

P.S.: Auch ich habe hier viel gelernt. Mein Auftrag lautete: Begleite mich auf dem Weg in die Selbständigkeit – hilf mir, am Ball zu bleiben. Ich habe mich gescheut, diesen Auftrag im Lauf der Zusammenarbeit in Frage zu stellen. Ich war selbst gefangen in dieser Zielvorstellung. An dieser Stelle werde ich künftig ein offeneres Ohr haben, genauer hinschauen und mutiger hinterfragen. Denn genau das ist das Problem mit Spezialisten: Sie schauen nur noch auf einen kleinen Ausschnitt und verlieren den Blick fürs große Ganze. Deshalb sage ich: Zu Beginn gehts noch nicht um online oder offline, um Facebook, Insta oder LinkedIn. Zu Beginn gehts ums Erkennen, was zu dir passt.  Und eben auch um den Mut, zu sagen: Mit dem Tun erkenne ich, dass das nicht mein Weg ist.  Wobei du das nur mit dem Mut des Probierens herausfindest.

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